Was brauchen wir, um lähmende Schwere und Orientierungslosigkeit zu überwinden und zu einem gerichteten Handlungsimpuls zu kommen? Wie kommen wir zu einem klaren, auf Zugang zur Welt ausgerichtetem Verständnis für die Verschieden- und Anderartigkeit dessen, was uns begegnet? Wie kommen wir zum Handeln in der Begrenzung unseres konkreten Daseins, im Wirkungsbereich der faßbaren Lebenswirklichkeit, innerhalb der Grenzen unseres Ortes? Was brauchen wir, daß wir dort und dann handeln, wo wir leben?...

Ein Treppenwitz der Philosophiegeschichte sind für mich Kant, Hegel und Marx. Kant, weil er seine an der Newton’schen Mechanik geschulte Vernunft, für die einzig mögliche Art und Weise des Verarbeitens von Sinneseindrücken hielt. Hegel, weil er mit “Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig” den blödesten Satz der abendländischen Philosophiegeschichte hervor gebracht hat. Marx, weil er mit seinem begrenzten Anschauungshorizont, die wesentlichen Entwicklungen der Neuzeit aus dem öffentlichen Bewußtsein ausgeschlossen hat....

Was soll diese “Meinung” sein, die alles ist, was man selber sieht? Mittlerweile scheint es mir, es ist der Kampfbegriff derjenigen geworden, die das Erleben der anderen Menschen mit ihren Vorstellungen besetzen wollen. Offensichtlich akzeptieren die meisten Menschen die Existenz von Sätzen, die Nicht-Meinung sind. Außerdem kann man das Meinungsspiel wunderbar bis ins Unendliche weiterspielen. A: “Das (bezieht sich auf irgendeine Aussage über die Welt) ist nur deine Meinung” B: Wie kommst du darauf?...

Warum fällt es den Menschen so schwer, sich eine Sache zuerst einmal selber anzuschauen und zu durchdenken? Stattdessen rufen sie ständig nach einem Experten, dessen Meinung sie dann wiederholen können. Aber darum geht es beim Menschen nicht. Jeder Mensch muß für sein eigenes Leben einstehen, was er selber nicht erkennt, nicht selber begreift, kann ihm auch nicht wirklich weiterhelfen. Denken heißt die Zusammenhänge der wahrgenommenen Wirklichkeit zu einem einheitlichen Bild zusammenzufügen....

In was für Zeiten leben wir eigentlich? Hat es das jemals gegeben, daß im Namen der Gesundheit alle Macht in Deutschland zentralisiert wurde? Daß Zwang ausgeübt wurde, um die Entscheidungen der Politik durchzusetzen? (Man denke an die Durchsuchungen von Arztpraxen, die an Promenaden den Bürger zum Regeleinhalten auffordernden Polizeihorden) Daß die exekutive Gewalt mit brutalen Methoden gegen den Bürger vorgeht? (Wie die brutalen Festnahmen durch schwarzgekleidete Polizisten von Anwälten und Pensionären)...

Bei aller Freude an der Neugier und dem Interesse am Weltgeschehen, muß ich doch feststellen, daß der Medienkonsum im höchsten Maße geeignet ist, das Aufkommen eigener Gedanken zu unterbinden....

Ricarda Huch erklärt in einem Brief vom 9. April 1933 ihren Austritt aus der Preußischen Akademie der Künste mit folgendem Wortlaut: Was die jetzige Regierung als nationale Gesinnung vorschreibt ist nicht mein Deutschtum. Die Zentralisierung, den Zwang, die brutalen Methoden, die Diffamierung Andersdenkender, das prahlerische Selbstlob halte ich für undeutsch und unheilvoll. Bei einer so sehr von der staatlich vorgeschriebenen Meinung abweichenden Auffassung halte ich es für unmöglich, in einer staatlichen Akademie zu bleiben....

Wie begründet sich der Anspruch von anderen Menschen ein bestimmtes Verhalten der Anpassung an die Welt zu fordern? Es ist ein beständiges Narrativ der Neuzeit, das seit dem 19. Jahrhundert das Leben der meisten Menschen bestimmt, daß der Mensch lernen müsse die gemeinschaftliche Art des Umgangs mit der Welt zu reproduzieren. Aber es gibt keine Einsicht in den Grund, warum diese Forderung angemessen wäre. Sind wir nicht alle als Freie geboren?...

In einem Lehrbuch der ebenen Geometrie 1aus dem Jahre 1912 habe ich im Vorwort den Hinweis gefunden, daß die Kenntnis der unterschiedlichen Rechenanweisungen nicht die Einsicht in die inneren Zusammenhänge vermittle und darum die Frage nach dem “Warum” nicht beantwortet werde. Mir scheint das in den Jahren seit erscheinen dieses Lehrbuches der Anspruch etwas gesunken ist. Eine innere Einsicht oder die Frage nach dem “Warum” wagt heute niemand mehr zu fordern....

Betrachten wir die Welt in ihren Zusammenhängen, macht es keinen Sinn, sich vorschnell auf Beobachtungen zu beschränken, die aktuell greifbar sind. Vieles was aktuell greifbar ist, hat seine Herkunft woanders und ist auch nicht nur einfach da, sondern hat ein Werden. Dies zeigt sich in den alltäglichsten Dingen. Die Nahrung, die wir zu uns nehmen, gelangt von anderen Teilen der Region oder der Welt zu uns. Der Kaffee, den ich gerade trinke ist in subtropischen Regionen der Welt gewachsen....