In der Diskussion um den Erfolg von als Rechts eingeordneten Parteien in Ostdeutschland zeigt sich wie vermeintliche Folgerichtigkeiten in unserem Denken Einzug halten und wir in der Folge unsere Anschauung der Welt nur noch bestätigen, anstatt unsere bevorzugten Einstellungen beiseite zu legen und zu begreifen, was wirklich geschieht.
Eine geläufige Argumentation meint, daß in Ostdeutschland doch so wenige Flüchtlinge seien und aus diesem Grund die Angst vor einer Überfremdung völlig unangemessen sei.
Bei dieser Argumentation wird der Begriff des Fremden und der Eigenart als kalkulatorische Größe verstanden aber nicht die Bedeutung des Fremden oder von Eigenart für den Menschen.
Betrachtet man es so, daß Eigenart sich dort am besten entwickeln kann, wo sie von fremden Einflüssen weitestgehend unangetastet bleibt, würde ich unterstellen, daß die Menschen von ländlichen Regionen in Ostdeutschland ein wesentlich klareres Empfinden für ihre Eigenart haben, als beispielsweise ein Bewohner der bundesdeutschen Hauptstadt, dessen Empfindungswelt von Einflüssen aus aller Welt geprägt ist und somit kein kultureller Schutzraum für eine eigene Art von Kultur vorhanden ist.
Stattdessen wird das alltägliche Treiben aus Versatzstücken unterschiedlichster Kulturen zusammengesetzt mit der Folge der fehlenden Identität mit der umgebenden Welt.
Insofern ist dem Großstadtmenschen der Bezug zu einer eigenen Kultur verloren gegangen. Er findet sich in Versatzstücken unterschiedlichsten Ursprungs. So kann er auch keine Angst vor einer Überfremdung haben, da er dieser bereits vollständig unterliegt. Nur dort wo etwas Eigenes aus sich gewachsen ist kann Angst vor dem Fremden entstehen.
Dieser Verlust der kulturellen Integrität des modernen zivilisierten Menschen ist als solcher versteckt, da etwas nicht Vorhandenes als solches nicht vermißt wird. Nur ähnlich wie bei einer amputierten Extremität, die noch einen Phantomschmerz verursachen kann, taucht manchmal im Empfinden der Eindruck auf, daß etwas fehle. Das führt dann meistens zur großen Suche nach dem Sinn des Lebens in meditativer Heilsumgebung des nächsten Yogastudios oder gleich zur großen Reise in ferne Länder, um dort dem Ursprung dieser Unruhe auf die Schliche zu kommen. Das natürlich genau dieses Suchen das eigentliche Problem ist und die Ursprungslosigkeit daheim nicht ändert, bleibt dann den meisten ersteinmal verborgen.